bullshit

#ichwillihnberuehren

Ich wollte mehr zu Sachen sagen, die ich gut finde. Zu Menschen, die ich bewundere. Büchern, die ich genossen habe. Aufregen kann ich mich großartig und häufig, aber mich positiv zu äußern, das tue ich viel zu selten. Das würde ich gerne ändern, weil eigentlich finde ich viele Menschen und Dinge toll und großartig und un­ter­stüt­zens­wert, auch wenn ich immer meckere. Den Anfang soll #ich­wil­lih­n­be­ru­eh­ren machen, ein schönes Buch mit einer ganz wun­der­ba­ren Lie­bes­ge­schich­te.

Das Cover des Buches

Und die began damit, dass OJ ("Original Jodler") sich in einen Freund ("ER") verliebt hat. Die Geschichte ging vor einiger Zeit schon mal durchs Internet und wurde dann als Buch ver­öf­fent­licht. Dann passierte lange nichts, dann drückt mir Stephan ein Exemplar in die Hand und dann habe ich es gelesen.

OJ schrieb damals vor mehr als zwei Jahren auf Jodel:

Ich (m) hab mich in einen Kumpel verliebt und jetzt liegt er in Bo­xer­shorts neben mir im Bett. #folter #ich­wil­lih­n­be­rüh­ren #kann­michnicht­mehr­zu­rück­hal­ten — Quelle

Jodel ist ein anonymes soziales Netzwerk und das Internet nicht immer nur ein schlechter Ort: Es fiebert bei der sich ent­wick­len­den Geschichte mit, gibt gute und gut­ge­mein­te Ratschläge. OJ postet re­gel­mäs­sig Updates und erklärt das seinem Schwarm, der nichts davon weiß, dass er mit einer Freundin schreibt. ER und OJ verhalten sich beide total schüchtern, wissen nicht, dass der jeweils andere sich ebenfalls verguckt hat und trotzdem kommen sie einander näher. Im Schne­cken­tem­po.

Das Buch haben beide zusammen ge­schrie­ben und es ist eine Mischung aus WhatsApp-Chat­ver­läu­fen zwischen ER und einer Freundin und Er­zäh­lun­gen von OJ. Teils beschreibt er rück­bli­ckend, wie es sich ent­wi­ckel­te, teils, wie sie da auf dem Sofa liegen, Serien schauen, gemeinsam Sushi machen. Und es ist wun­der­schön. Die ganze Zeit schwingt eine Spannung mit: Macht es bei denen endlich mal "Klick"? WIE OF­FEN­SICHT­LICH SOLL ES DENN NOCH WERDEN, EY?! Mitt­ler­wei­le hätte das ja sogar ich kapiert! Wobei das nicht wahr ist, weil ich in solchen Dingen selbst ungefähr so sensibel wie ein Stein bin.

Und trotzdem — oder gerade deshalb? — konnte ich die inneren Monologe, Handlungen und Gedanken von OJ so gut nach­voll­zie­hen. Ich mochte den Schreib­stil, die Sprache. Da ist so viel Sanftheit, so viel Zärt­lich­keit in diesem Buch: Mitlesen, -fiebern, -erleben und -fühlen zu dürfen, wie es da zwischen zwei Menschen prickelt, das war einfach schön und herz­er­wär­mend. Neben der schönen Geschichte sind bei mir auch die Gedanken und die Angst von OJ zum Thema Schwu­len­hass hängen geblieben. Es macht mich traurig und wütend, dass das immer noch ein Thema ist. Was habe ich für ein Recht, Menschen ihr Glück, ihre Liebe zu versagen? Warum nicht lieben und lieben lassen? Tut es wirklich so weh? Was verliere ich dadurch — etwa ein men­schen­ver­ach­ten­des Weltbild?

Vielen Dank an OJ und ER, dass ihr das eure Geschichte auf­ge­schrie­ben habt und vielen Dank an Stephan, dass du es verlegt und mir eben in die Hand gedrückt hast. Das Buch hat 167 Seiten und ist im Berliner Ach je-Verlag erschienen. Das gedruckte Buch kostet rund 10 Euro, das Ebook bekommt ihr für sieben Euro. Und das ist es auf jeden Fall wert.


Wenn deine örtliche Bücherei es nicht in ihrem Bestand hat, es finanziell nicht für das Buch reicht und du es trotzdem lesen möchtest, dann schreib mir doch einfach eine Email. Ich kaufe gerne noch das eine oder andere Exemplar und schicke es dir zu. Einfach so. Und auch, weil die Gewinne durch das Buch an das Ak­ti­ons­bünd­nis gegen Homophobie gehen.

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