früher, also so vor zwanzig jahren, gehörte die zeitung am frühstückstisch dazu. ich sehe mich, wie ich eine schüssel cornflakes löffelnd den kopf in die fränkischen landeszeitung steckte. das war einer der vorteile, wenn man früh aufstand: man konnte als erstes die zeitung lesen, weil man sie aus dem briefkasten zog. nur am 12. september 2001 war sie so begehrt, dass ich sie morgens nich lesen konnte.
irgendwann kam dann das internet und internetkonzerne machten den medienkonzernen das werbebusiness streitig — und damit die profite. so ist das halt im kapitalismus.
Nach SPIEGEL-Informationen klafft im Finanzplan der Marken Volkswagen und VW Nutzfahrzeuge aktuell eine Lücke von vier bis fünf Milliarden Euro — SPIEGEL Online
Insgesamt schüttet die Volkswagen AG für das Geschäftsjahr 2023 4.5 Mrd. Euro an seine Aktionäre aus. Für die Jahre 2021 bis 2023 hat die Volkswagen AG mehr als 22 Mrd. Euro an seine Aktionärinnen und Aktionäre ausgeschüttet — Volkswagen Group
Nur um die Debatte um #Volkswagen einmal einzuordnen und kein Eindruck entsteht, der Autokonzern stehe kurz vor der Pleite: #VW machte im ersten Quartal 4,6 Milliarden Euro, im zweiten Quartal 3,6 Milliarden Euro operativen Gewinn. — Robert D. Meyer
vor zwei, drei jahren habe ich mal ein paar euro dividende bekommen und mich gefragt: warum? warum schüttet man das geld nich an die mitarbeiter*innen aus, die das geld erwirtschaftet haben? warum investiert man es nicht in die mitarbeiter*innen? warum ist es wichtig, dass ich als anteilseigner geld bekomme?
und bis heute habe ich keine überzeugende antwort auf diese fragen gefunden.
davon ab, dass ich offensichtlich kein guter investor/geschäftsmann/kapitalist bin, sein will, ärgert es mich, dass so kurzfristig gedacht und gehandelt wird.
es reicht nich, dass ein unternehmen profitabel ist. es muss kurzfristig so profitabel wie nur irgend möglich sein — scheiss auf langfristigkeit und menschen. die profite müssen hoch sein — und sie müssen konstant sein. und wenn sie es mal nich sind, werden menschen gekündigt.
als ob die menschen, die die arbeit schlussendlich verrichten, irgendetwas für fehler des managements, der politik oder meinetwegen auch des marktes können. sie haben keinen einfluss darauf und trotzdem sind es die, die neben der gesellschaft die folgen zu spüren bekommen. das kann’s doch nich sein.
das ist das perfide am herrschenden system. und das elegante: es ist so voller gewalt und vereinzelnd und niemand übernimmt verantwortung — besonders nicht, wer profitiert.
Das nd, ehemals neues deutschland, wurde vor mehr als zwei Jahren in eine Genossenschaft umgewandelt.
Seitdem geht es wirtschaftlich bergab und ein "Weiter so wie bisher" fährt die Zeitung in absehbarer Zeit ziemlich sicher gegen die Wand.
Als Linker, aber auch als engagierter Genossenschafter möchte ich das nicht.
Ich will eine große, eine starke, gute, linke Zeitung.
Eine Zeitung, die Politik macht und fordert.
Eine Zeitung, die auf den Tisch haut und Krawall verursacht.
Eine Zeitung, die ihre Leute gut bezahlen kann.
Aber wie? Woher nehmen? Wie geht es besser weiter?
Anlässlich der Generalversammlung habe ich mir Gedanken zu einer möglichen Alternative gemacht.
In mehreren Artikeln möchte ich diese Idee entwickeln und vorstellen. Projektname: nd.zwo:
Freitag war ich auf dem #GenoDigital Barcamp 2024, einem Barcamp zum Thema Genossenschaften. Zwar weiß ich immer noch nicht, wie diese Flughöhe zu mir passt, aber es war eine schöne Veranstaltung, gutes Essen, nette Leute, großartige Location bei der taz.
Beim Mittagessen kamen wir irgendwie auf das Thema SuperCoop zu sprechen, ein genossenschaftlicher Supermarkt. Letztens gab es erst einen Artikel im nd zu dem Laden. Um dort regelmässig einkaufen zu können, nimmt man an einem Willkommenstreffen teil, zeichnet mindestens einen Anteil à 100 Euro und arbeitet drei Stunden pro Monat. Aber auch da gibt es Spielraum, das sind wohl Leute, mit denen man reden kann.
Mein Gegenüber beschrieb den Laden als „Supermarkt voller Lieblingsprodukte“, außerdem gäbe es eine Kinderecke und er wäre eher ein third place als ein reiner Supermarkt — der Laden wurde selbst ohne Besuch also immer sympathischer. Klingt nach einer super Sache, dachte ich, da wollte ich eh nochmal hin, weil sie als einer der wenigen Läden in Berlin noch Premium Cola verkaufen.
Am Samstag war ich auf dem Weg zum Bahnhof und habe einen kleinen Umweg gemacht. Der SuperCoop hatte verkaufsoffenen Samstag — und mich überzeugt. Es macht alles einen grundehrlichen Eindruck. Entspannte Leute. Flyer in diversen Sprachen. Arbeitsgruppen. Aufrufe. Ein schwarzes Brett. Lauter Lieblingsprodukte — auch Premium, wenn auch nur in null-drei, aber kein Problem: Es gibt eine Wunschliste für neue Lieblingsprodukte. Relativ leer an einem Samstag Morgen. Ein Bücherregal. Eine Spielecke. Nur Kartenzahlung. Kalte Club Mate 1,35.
Nach meinem kurzen Besuch bin ich überzeugt. Ich möchte, dass dieser Laden Erfolg hat. Also werde ich zu einem der Willkommenstreffen gehen und einen Anteil zeichnen und meine drei Stunden pro Monat arbeiten. Alles für die Cola, alles für die Coop!
in der schule haben wir uns irgendwann mal mit kant beschäftigt, sind aber kaum über „aufklärung ist der aufgang des menschen aus seiner selbstverschuldeten unmündigkeit“ hinausgekommen. dieser satz und „was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andern zu“ sind alles, was ich zu kant weiß.
gestern war ich auf der ersten von drei veranstaltungen der diesjährigen benjamin lectures von lea ypi zu der frage "was ist moralischer sozialismus?". gefühlt habe ich, wahrscheinlich auch aufgrund meines mangelnden vorwissens, nur einen bruchteil verstanden, aber es war interessant. wenn ich es richtig verstanden habe, geht es sozialismus und moral. dass es grundlegend wichtig ist, wie man ihn erreicht.
auch wenn die drei leitfragen des jeweiligen abends „was kann ich wissen?“, „was soll ich tun?“ und „was darf ich hoffen?“ von kant kommen, wie ich gelernt habe, musste ich bei ihnen spontan eher an „vergangenheit“, „gegenwart“ und „zukunft“ denken.
dass man sogenannter ki in diesem haushalt eher kritisch gegenübersteht, überrascht wohl niemanden. kapitalismus war schon immer scheisse und unmenschlich und das gilt auch für gehypten kapitalismus. vor einigen monaten telefonierte ich mit einem freund, der mir von seinen positiven erfahrungen mit github copilot erzählte. dieses tool würde ihm viel „unnötige“ arbeit abnehmen, weswegen er sich auf die wirklich interessanten probleme konzentrieren könne.
ich glaube, dass auch vermeintlich unnötige arbeit ihre daseinsberechtigung und ihren wert hat. auch wenn sie nervig erscheint, gibt es keine abkürzungen und manche sachen muss man einfach erledigen. das ist in ordnung. das vergiftete versprechen von ki, uns von unnötiger arbeit zu befreien: bullshit.
wer ki nutzt, lernt lesen. andere lernen denken.
war meine antwort auf die positiven erfahrungen des freundes. vor ein paar tagen telefonierten wir erneut. er nutzt github copilot jetzt nicht mehr, weil er gemerkt hat, dass in arbeit ein wert liegt. dass es wertvoll ist, dinge selbst zu machen. das hat mich gefreut.
vergangenen sonntag war in deutschland europawahl, das beschissene ergebnis dürfte hinlänglich bekannt sein: die gesellschaftliche linke säuft ab, die leute wählen rechts, es wird rechte politik gemacht wird und die leute haben bock auf rechte politik.
dies ist im wesentlichen eine angereicherte version einer reihe von toots, die ich im dezember 2022 verfasst habe. bei der großartigen junaimnetz gab's mal eine reihe „prokrastinieren mit popmusik“ und in diese richtung geht es, aber im gegensatz zu mir hat juna ahnung von der materie.
in diesem haushalt hat man ein großes herz für besetzte und kollektivbetriebe, das ist sicherlich kein geheimnis. aber in diesem haushalt handhabt man den haushalt eher … sagen wir mal: pragmatisch. nicht gut, wie besuch anmerkte, aber meistens bin ich alleine und es juckt mich auch nicht besonders — ich bin froh und auch ein bisschen stolz, dass ich mittlerweile zumindest einmal am tag den abwasch erledige.
am wochenende hatte ich frei, wobei frei in diesem fall heisst, dass ich bis auf ein paar stunden hier und da nicht ständig gearbeitet habe. auf jeden fall hatte ich mal wieder mehr zeit, um zeitung zu lesen. aber anstatt die nase in meine wochenzeitung zu stecken, steckte ich mein geld in die beiden aktuellen ausgaben der analyse&kritik und jungle world. das hat sich so etabliert: die beiden sind, sofern ich sie auftreiben kann, meine urlaubslektüre und ich überlege seitdem ein bisschen, mein nd-abo durch eine der beiden zu ersetzen.