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Augenhöhe

Micha schrieb vor ein paar Tagen, dass er vor längerem keinen Handyvertrag abschliessen konnte. Die Schufa hat zu wenig Daten von ihm und bescheinigt ihm deshalb ein sehr hohes Risiko, dass er seine Handyrechnung nicht bezahlen kann.

Etwas ähnliches ist mir vor ein paar Monaten mit Kochzauber passiert, einem Lieferdienst von Rezepten und Lebensmitteln.

Grundsätzlich möchte ich so wenig Dienste wie nötig nutzen. Ich möchte kein zusätzliches PayPal-Konto, kein zusätzliches Klarna-Konto, kein zusätzliches Sofort-Überweisungskonto. Ich würde gerne das nutzen, was ich eh schon habe. Kurz: Ich wollte bei Kochzauber per Lastschrift bezahlen. Doch das Formular nahm meine Daten nicht an. Ich probierte es mehrmals und bekam jedes Mal die Mitteilung, dass es ein technisches Problem gäbe.

Die Hotline konnte mir ebenfalls nicht weiterhelfen und so warf ich meine Prinzipien über den Haufen und bestellte schlechten Gewissens mit Klarna. Wenig später stand die Fressbox dann vor der Tür und man könnte meinen, dass alles halb so schlimm gewesen sein.

Kurz nach der Bestellung fand ich heraus, dass man in den Einstellungen bei Kochzauber verschiedene Zahlungsmöglichkeiten hinterlegen kann. Also probierte ich es dort erneut. Ich gab meine Kontodaten ein und löschte Klarna. Und siehe da: Kochzauber akzeptierte meine Bankverbindung ohne Probleme. Scheinbar haben sie eine schnelle Bonitätsprüfung drin, wenn man als Neukunde per Lastschrift zahlen will. Sobald man sich dann jedoch ein Konto erstellt hat und die Zahlungsmöglichkeiten ändert, überspringen sie diese Bonitätsprüfung. Soll mir recht sein.

Etwas Ähnliches passiert mir seit geraumer Zeit bei Lieferando. Auch dort kann ich nicht mehr per Lastschrift bezahlen. Und auch sonst spuckt Lieferando seit Monaten Fehlermeldungen aus, der Bug ist der Hotline bekannt, aber scheinbar ist man bei Lieferando zu bequem, Bugs im System zu fixen. Doch zurück zum Thema.

Die Schufa geht davon aus, dass Micha seine Handyrechnung nicht bezahlen kann, weil sie nicht genug Daten über ihn hat. Weil er sich noch nicht splitterfasernackt ausgezogen hat. Auch wenn man in der Wirtschaft nur bedingt von In Dubio Pro Reo sprechen kann, so finde ich es trotzdem falsch.

Ein Unternehmen verlangt von einem Kunden, dass es ihm vertraut. Umgekehrt geht das Unternehmen jedoch davon aus, dass der Kunde nicht zahlen kann, wenn es nicht absolut sicher weiss, dass er zahlen kann.

Ich finde es schade, dass sich beide Parteien nicht einfach aus Augenhöhe begegnen. Ich kann verstehen, dass ein Unternehmen das Risiko, dass ein Kunde nicht zahlen, senken möchte. Ich kann aber nicht verstehen, warum man nicht davon ausgeht, dass der Kunde bis zum Gegenbeweis zahlen kann.

Generell ist ein bisschen weniger Misstrauen wohl keine schlechte Idee. Und ein bisschen weniger Schufa. Das V in Schufa steht nämlich für Vertrauen. Ebenso wie das O für Optimismus steht. Oder das N für Notwendig