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Ein Drama in n Akten

n-(n-1). Akt:

Nathan zieht in das Zimmer. Ihm fällt auf, dass es keine Gardinen hat und die Nachbarn ihn beobachten können. "Müsste man mal ändern", sagt er sich. Er sucht ein großes, schwedisches Möbelhaus auf, um sich ein Bett und einen Schrank zu kaufen. Ihm fällt auf, dass er nicht ausgemessen hat, wie breit die Fenster sind. Er beschließt, den Gardinenkauf auf ein anderes Mal zu verschieben.

n-(n-2). Akt:

Ein paar Tage später. Nathan besucht das große, schwedische Möbelhaus. Ihm fällt auf, dass er die Gardinen vergessen hat. Er kauft ein bisschen Kleinscheiß ein und beschließt, den Gardinenkauf auf ein anderes Mal zu verschieben.

n-(n-3). Akt:

Ein paar mehr Tage später. Seit Akt n-(n-1) sind knapp zwei Wochen ins Land gezogen. Nathan informiert sich auf der Internetseite eines großen, schwedischen Möbelhauses über Gardinen. "Die Grauen da, die will ich haben. Sind bezahlbar und grau." Ihm fällt auf, dass er an jenem Tag nicht zu Ikea fahren kann, denn er hat vergessen, die Breite der Fenster auszumessen. "Morgen früh denke ich dran", sagt er sich. "Morgen früh bringe ich in Erfahrung, wieviel Gardine ich brauche!", sagt er sich.

n-(n-4). Akt:

Wenige Tage - nicht morgen - später morgens. Nathan nimmt den Zollstock in die Hand und misst. "Heute gehe ich früher von der Arbeit, dass ich noch ein großes, schwedisches Möbelhaus besuchen kann."

n-(n-5). Akt:

Am Abend des Tages aus Akt n-(n-4). Nathan sitzt länger als geplant im Büro. Eine Stunde bevor das große, schwedische Möbelhaus für immer schließt, schafft es es, sich zum großen, schwedischen Möbelhaus aufzumachen. Wenn alles nach Plan läuft, dann bleibt ihm genau eine halbe Stunde, seine Gardineneinkäufe zu erledigen. Er verläuft sich unterwegs. 20 Minuten. Die gewonnenene/verlorene Zeit nutzt er, um sich die Artikelnummern der Gardinen, der Gardinenstangen, der Gardinenstangenhalterungen und der Gardinenstangenenden zu notieren.

n-(n-6). Akt:

Im großen, schwedischen Möbelhaus. 20 Minuten vor Ladenschluß. Nathan nimmt eine gelbe Tasche und die Abkürzung, um direkt zur Markthalle zu gelangen. Er gelangt zur Gardinenabteilung. Die Gardinen hat er schnell gefunden, für die Gardinenstangen braucht er etwas länger. Die Gardinenstangenhalterungen sind bei den Gardinenstangen, nur die Gardinenstangenenden findet er nicht. Er sucht und sucht und fragt eine Mitarbeiterin des großen, schwedischen Möbelhauses. Jemand hatte etwas vor die schwarzen Gardinenstangenenden, die er haben wollte, gestellt. Auf zur Kasse. Unterwegs wirft er noch ein paar Geschirrhandtücher und einen Fußabtreter in die gelbe Tasche. Er geht zur Selbstbedienungskasse. Dafür schneidet sich an der Verpackung der Geschirrhandtücher. Aber er hat es geschafft.

n-(n-7). Akt:

Der nächste Tag. Da er noch Dübel und Schrauben benötigt, um die Gardinenstangenhalterungen an der Wand zu befestigen, sucht er einen Baumarkt auf, um Dübel und Schrauben zu kaufen, um die Gardinenstangenhalterungen an der Wand zu befestigen. Ihm fällt nicht auf, dass es sich bei den Schrauben um Torx-Schrauben handelt. "Da ich jetzt die Gardinenstangenhalterungen, die Dübel und die Schrauben habe, um die Gardinenstangenhalterungen an der Wand zu befestigen, will ich morgen die Gardinenstangenhalterungen mit den Dübeln und Schrauben an der Wand befestigen", sagt er sich.

n. Akt:

Nathan hat alles: Bohrer, Leiter, Schrauben, Dübel, Zollstock, Staubsauger, Gardinen, Gardinenstangen, Gardinenstangenhalterungen, Gardinenstangenendungen. Er misst aus, wo er bohren muss, um dort die Gardinenstangenhalterungen mit den Dübeln und Schrauben zu befestigen. Er fängt an, die ersten zwei Löcher zu bohren. Er steckt die Dübel rein. Und dann fällt ihm auf, dass er Torx-Schrauben gekauft hat. Der Baumarkt hat noch eine halbe Stunde auf. Er geht hin und kauft einen entsprechenden Schraubenzieher. Und dann fällt ihm auf, dass er beim Bohren unvorsichtig war. Die Dübel haben zuviel Spiel. Irgendwie schafft er es, dass die Gardinenstangenhalterung durch eine Schraube gehalten wird. Bei den nächsten zwei Löchern bohrt er erst mit einem kleineren Bohraufsatz vor, bevor er das Loch mit dem für die Dübel notwendigen Aufsatz verbreitert. Doch auch hier hat der eine Dübel zuviel Spiel. Wieder schafft er es, die Gardinenstangenhalterung mit einer Schraube zu fixieren. Seinem Eindruck nach wird das wohl reichen. Die dritte Halterung. Wieder markiert Nathan die entsprechenden Bohrlöcher und will vorbohren. Doch der Bohraufsatz bricht nach der Hälfte und lässt sich nicht aus dem Bohrloch entfernen. Er misst erneut und markiert alternative Bohrlöcher, die er mit dem nächstgrößeren, kleineren Bohraufsatz vorbohren will. Es klappt. Er schraubt die Gardinenstangenhalterung an die Wand. Die letzten beiden Bohrlöcher. Markieren, vorbohren, aussaugen, nachbohren, aussaugen, Dübel einsetzen, Gardinenstangenhalterung festschrauben. Es klappt alles so reibungslos, als hätte er es schon hunderte Male gemacht. Die Dübel haben nicht zuviel Spiel, die Gardinenstangenhalterung sitzt. Nathan hängt die Gardinen auf. Ab.