bullshit

Selber schuld

Es muss irgendwann im Frühjahr gewesen sein, als hier eines Abends irgendjemand in der Straße alleine klatschte. Damals sollte man für die Pflegekräfte applaudieren — auch wegen der COVID—19-Pandemie. Diese Menschen sorgen dafür, dass es trotz Pandemie läuft und wir wollen sie mit ein bisschen Lärm und kurzzeitiger, kostenloser Anerkennung abspeisen? Wie erbärmlich.

Ich habe vollstes Verständnis, wenn die Angestellten des Öffentlichen Dienstes die Schnauze voll haben und ihr gutes Recht nutzen, während der Tarifverhandlungen ihre Arbeit niederzulegen. Gerade las ich in einem Newsletter von ver.di:

Wir haben als ver.di schon im Juni den Arbeitgebern den Vorschlag gemacht, gegen eine Einmalzahlung diese Tarifauseinandersetzung zu verschieben, bis das Land aus der Corona-Krise raus ist. Doch die Arbeitgeber haben unsere ausgestreckte Hand ausgeschlagen und offenbar darauf gesetzt, dass wir nicht handlungsfähig sind und sie einen billigen Abschluss bekommen.

Ich fand das Geklatsche im Frühjahr schon lächerlich, aber jetzt bin ich wütend. Dass die Arbeitgeber*innen ein — durchaus nachvollziehbares — Angebot im Juni ausgeschlagen haben, lese ich zum ersten Mal.

Liebe Angestellte des Öffentlichen Dienstes, klar finde ich es kacke, wenn Bus und Straßenbahn nicht fahren oder der Müll überquillt. Aber ich habe vollstes Verständnis dafür. Ihr haltet, wie ihr selbst sagt, den Laden am Laufen und wir wollen dafür keinen angemessen Preis zahlen? Wie respektlos von uns. Bitte streikt — wir sind selber verantwortlich dafür und könnten es jederzeit beenden. Ich bin uneingeschränkt solidarisch mit euch und hoffe, dass ihr euch das holt, was euch zusteht.

Disclaimer: Ich bin ver.di-Mitglied und kann eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nur wärmstens empfehlen. Wenn ihr wegen der GdP verständlicherweise keine Lust auf den DGB und ver.di habt, dann gibt es da ja zum Beispiel noch die FAU oder andere. Als mein letzter Arbeitgeber einen Teil meines letzten Gehalts einbehalten wollte, war ich doch sehr dankbar, dass ich eine Gewerkschaft hatte, mit der ich mal telefonieren konnte.