bullshit

Die Lage der Publikation

Das nd, ehemals neues deutschland, wurde vor mehr als zwei Jahren in eine Genossenschaft umgewandelt. Seitdem geht es wirtschaftlich bergab und ein "Weiter so wie bisher" fährt die Zeitung in absehbarer Zeit ziemlich sicher gegen die Wand. Als Linker, aber auch als engagierter Genossenschafter möchte ich das nicht.

Ich will eine große, eine starke, gute, linke Zeitung. Eine Zeitung, die Politik macht und fordert. Eine Zeitung, die auf den Tisch haut und Krawall verursacht. Eine Zeitung, die ihre Leute gut bezahlen kann. Aber wie? Woher nehmen? Wie geht es besser weiter?

Anlässlich der Generalversammlung habe ich mir Gedanken zu einer möglichen Alternative gemacht. In mehreren Artikeln möchte ich diese Idee entwickeln und vorstellen. Projektname: nd.zwo:

  1. Die Lage der Publikation
  2. Was bisher (nicht) geklappt hat
  3. Und nun? Was tun!

Zu Beginn ein paar Hinweise:

  1. Ich bin weder Journalist, noch Zeitungsmacher und auch wenn mein Name Gegenteiliges suggeriert, habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Ich habe von Zeitung, Medien und Co. entsprechend wenig Ahnung, aber eine Meinung und mit verschiedenen Leuten gesprochen. Ich möchte, dass sich etwas ändert.
  2. Ich schreibe für das nd montags den Newsletter Muckefuck und werde dafür bezahlt. Außerdem habe ich bei der Appentwicklung ausgeholfen und auch dafür eine (überschaubare) Rechnung gestellt, denn eigentlich bin ich selbstständiger Programmierer.
  3. Ich besitze zwei Anteile an der nd.Genossenschaft.

Die Lage der Publikation

Das neue deutschland ist eine linke Tages- und Wochenzeitung aus Berlin. Sie sitzt in Friedrichshain im FMP 1 und ist wirtschaftlich mal wieder kurz vor dem Ende — oder immer noch? Die Lage ist gelinde gesagt angespannt.

Nachdem die damalige Geschäftsführung der Belegschaft im Februar 2021 mitteilte, dass die Neues Deutschland Druckerei und Verlags GmbH zum 31. Dezember 2021 aufgelöst werden würde, gründete sich die nd.Genossenschaft, in die Zeitung und Belegschaft überführt wurden. Die Anteile an der Immobilie FMP 1 hingegen sind nicht in das Eigentum der Genossenschaft übergegangen, sondern wurden 2021 verkauft. Zufall? Anders als die taz sitzt das nd deshalb jedenfalls nicht auf Betongold und hat auch sonst kein substanzielles Vermögen. Ironischerweise berichtete gerade die taz vor einigen Jahren zu genau diesem Thema.

Gesellschafter der GmbH war damals unter anderem die Partei Die Linke, weswegen die Belegschaft mithilfe von ver.di vor einem Parteitag demonstrierte und Flyer verteilte. Die Gewerkschaft schrieb:

Der Aufbau einer Genossenschaft braucht Zeit und Geld. Ein Betrieb funktioniert nicht von heute auf morgen genossenschaftlich.

Die andere Hälfte der Zeitung gehörte zu einem großen Teil Matthias Schindler. Im obrigen taz-Artikel wird er übrigens mit den Worten zitiert:

Ich glaube an das ND und will es erhalten.

Die Altgesellschafter versprachen, die Genossenschaft über mehrere Jahre hinweg mit Zahlungen zu unterstützen, und hielten Wort.

2022 wurde mit einem Verlust von rund 701.000 Euro abgeschlossen, 2023 waren es nach einer Rettungsaktion, dem Verzicht der Belegschaft auf das Weihnachtsgeld und anderen Sparmaßnahmen „nur“ rund 409.000 Euro. Und auch für 2024 rechnet man mit einem Jahresfehlbetrag von etwa 225.000 Euro, plus minus. Viel Geld. Der Aufsichtsrat nennt die Lage „nach wie vor außerordentlich ernst“.

Weil linker Journalismus wichtig ist und eine linke Zeitung mehr besser als eine weniger, beteiligte auch ich mich damals mit einem Anteil in Höhe von 500 Euro, später einem weiteren. Ich war und bin ehrlich gesagt stolz darauf, einen Teil dieser Zeitung zu besitzen: Der Genossenschaftsanteil hängt gerahmt über meinem Schreibtisch.

Und es ging offenbar nicht nur mir so. Zum 31.12.2023 haben 1.267 Mitglieder Anteile in Höhe von rund 1,16 Millionen Euro gezeichnet. Das Problem: Diesem Eigenkapital gegenüber stehen besagte Verluste, etwa 1,11 Millionen Euro. Mit anderen Worten: Da wurde gut Geld verbrannt, vom Eigenkapital sind noch um die 50.000 Euro vorhanden.

Wenn nicht ein Wunder geschieht, ist das Eigenkapital zum Ende des Jahres aufgebraucht. Woher bekommt man bis dahin die fehlenden ~175.000 Euro, damit man zumindest auf dem Papier nicht insolvent ist?

Der Vorstand hofft auf neue Anteile in entsprechender Höhe, ich bin davon weder überzeugt, noch hoffnungsvoll. 500 Euro pro Anteil sind richtig viel Geld, die Zeiten sind hart und mangels einer Perspektive bin ich ehrlich gesagt auch nicht bereit, einen weiteren Anteil zu zeichnen.

Was wurde bisher versucht?