bullshit

angst vorelektro

Ich bin im Urlaub. Das Internet hier ist langsam und so wird im Urlaub so manch schlechte Angewohnheit sichtbar. Es gibt zu viel gutes Essen und ich kann der Versuchung nicht widerstehen. Und es gibt Autozeitschriften eines — nett formuliert — streitbaren Verlags, um dessen Produkte ich üblicherweise einen großen Bogen mache.

Ich finde Autos kacke, aber was weiß ich schon als verwöhnter Großstäder mit einem Luxushobby, der gerne überall einen großartigen, fahrscheinlosen ÖPNV und überhaupt keine Notwendigkeit für einen motorisierte Individualverkehr hätte? Zu diesem großartigen ÖPNV können auch selbstfahrende Autos mit Elektroantrieb gehören, die der Gesellschaft und nicht irgendwelchen Privatunternehmen gehören, ebenso wie die benötigte Ladeinfrastruktur.

In besagter Autozeitschrift findet sich auch viel Werbung von — nun ja, wie sollte es auch anders sein — Automobilkonzernen. So wirbt smart damit, dass sie ab 2020 nur noch elektrisch fahren. Aber:

Jetzt schnell sein und noch einen der letzten Benziner smart forfour sichern

Schade, dass smart mit Angst wirbt.

Gedruckte Zeitungen und Notizbücher

Vor rund zwei Wochen blug ich über Zeitungen. Seitdem ist fast nichts passiert: Ich habe mir jeweils Donnerstag zwei gedruckte Ausgaben vom Freitag gekauft. Und beide Ausgaben tatsächlich gelesen. Aber weil Traditionen meistens problematisch sind, verhindere ich die Bildung einer neuen gleich mal — und kaufe mir den neuen Freitag Freitag.

Einen Text in einer gedruckten Zeitung zu lesen ist etwas anderes als denselben Text auf dem Tablet zu lesen. Das hat weniger mit dem Text als viel mehr mit dem Medium zu tun. Eine Zeitung kann ich in einzelne Bücher zerlegen und falten. Wenn ich das Gleiche — und dasselbe — mit einem Tablet versuche, mache ich das kaputt, versehe es mit einem Hashtag — #bendgate klingt doch gut — und heule online ein bisschen rum.

Apropos Hashtag: In der letzten Aufgabe vom Freitag gab es neben einem tollen Titelthema auch einen Text über Hashtags. Die Zeitung hatte vor ein paar Wochen #unten ins Leben gerufen und nun diskutierten zwei Männer in einem Doppelinterview darüber, was Hashtag-Debatten ändern. Darf ich kritisch fragen, warum keine Frau dabei war? Dieses Gespräch findet sich auch online — offenbar kippt der Freitag über die Woche verteilt Texte aus der Zeitung eins zu eins ins Netz. Unerhört. Finde ich gut.

Auf der allerletzte Seite drehte sich dieses Mal alles von A bis Z um Werkzeuge und in einem kleinen Beitrag zu diesem Thema auch um Notizbücher im Allgemeinen und Moleskine im Speziellen. Jan C. Behmann gab einen Dialog wieder, den er einmal beim Kauf eines Moleskine-Notizbuches ohne Linien zum Nach-Oben-Klappen führte:

Verkäuferin — ich: Ist zum Nach-Oben-Klappen — weiß ich/Ist ohne Linien — kann ich/Ist für Journalisten — bin ich.

Wie Behmann bin auch ich ein großer Fan von Notizbüchern ohne Linien und auch ich habe schon das eine oder andere — Fake News: Ich habe aufgehört zu zählen — von Moleskine gekauft. Nur weiß ich nicht, ob ich das mit ohne Linien kann. Im Gegensatz zu ihm bin ich auch kein Journalist, aber ich mag die, die man nach oben aufklappen kann, auch ziemlich gerne.

Was ich aber nicht kann, ist auf dem iPad ohne Linien zu schreiben, da muss ich die Linien in meiner Notizbuch-App immer aktivieren. Ausser ich male, dann nicht. Im begrenzten — und gleichzeitig doch so unbegrenzten — Raum eines Moleskine funktioniert das aber wesentlich besser, da kann ich auch mit ohne Linien schreiben. Vielleicht hat gedrucktes und manchmal beschriebenes Papier doch so seine Stärken?

Ich will gerade nicht.

Ich bin krankgeschrieben. Irgendwann am letzten Wochenende habe ich mir eine Erkältung eingefangen, die den Spieß dann kurzerhand umdrehte und mich ihrerseits nicht mehr losließ. Nun verbringe ich meine Zeit also zwischen Schlaf, Aspirin Complex und Kamillentee auf dem Sofa. Eine Staffel „The Punisher“ habe ich ebenso hinter mir wie diverse Artikel der New York Times und vier Teile einer großartigen, vierteiligen arte-Dokumentation über die Zeitung aus New York und Donald Trump. O tempora, o mores.

Und dann lese ich ein Interview mit Julian Reichelt, der die BILD mit eben jener New Yorker Zeitung vergleicht:

Aber ich weiß aus eigener Erfahrung, dass wir zu den ganz wenigen verbliebenen Medienmarken gehören, die tatsächlich in Journalismus vor Ort investieren. Wir nehmen wahnsinnige Kosten auf uns, um sicherzustellen, dass unsere Reporter vor Ort sind. [...] Wir sind da, wo die „Post“ oder die „New York Times“ sind, oder umgekehrt: Die sind da, wo wir sind. [...] „BILD“ verdient mit Journalismus so viel Geld, dass wir uns grandiosen Journalismus leisten können.

— Julian Reichelt (Quelle)

Interessant, dass Reichelt „grandiosen Journalismus“ und „BILD“ in einem Satz erwähnt, so als wäre es das Ziel, das Geschäftsmodell von BILD, grandiosen Journalismus zu fabrizieren und damit Geld zu verdienen. Die Anwälte von Axel Springer drückten das vor mehr als drei Jahren ein bisschen anders aus:

Das Kerngeschäft der Klägerin ist die Vermarktung von Werbung. Journalistische Inhalte sind das Vehikel, um die Aufmerksamkeit des Publikums für die werblichen Inhalte zu erreichen.

Quelle

Doch zurück zu Reichelt: Die Schülerzeitung des Gymnasium Othmarschen — seiner ehemaligen Schule — hat ihn in Berlin besucht, besagtes Interview geführt und eine — gefühlt bessere — Analyse geschrieben.

Da kommt mir auf dem Sofa eine Idee: Warum nicht mal wieder einen Blogpost schreiben zu einem Thema, von dem ich keine Ahnung, aber auch als Aussenstehender eine Meinung habe? Wie Reichelt verbringe ich viel Zeit auf Twitter — ich bin also auf jeden Fall qualifiziert genug für einen Text mit ungefähr 280 Zeichen oder mehr, den ich mir — wie Reichelt wahrscheinlich auch — von niemandem absegnen lassen muss.

Zeitungen sind so ein Thema — sie faszinieren mich. Wir beide haben eine, gemeinsame, aber auch relativ einseitige Geschichte. Als ich in die Grundschule ging, habe ich gerne und viel Zeitungen gelesen: Täglich die Tageszeitung, die meine Eltern abonniert hatten, gelegentlich Wochenzeitungen und Magazine in Arztpraxen. Damals — und während der ersten Jahre auf dem Gymnasium — gab es das Internet für mich noch nicht. Nachrichten kamen aus dem Radio oder eben aus der Zeitung.

Der Teil, der mir neben dem ersten Buch immer am besten gefallen hat, war „Aus aller Welt“ beziehungsweise „Weltweit“ — da gab es oft Schau- und andere Bilder und jede Menge unnützes Wissen. Den Sportteil fand ich immer langweilig und auch den Lokalteil blätterte ich morgens vor oder mittags nach der Schule ziemlich schnell durch. So ging das jeden Tag, unter der Woche, am Wochenende, in den Ferien. Nur an einem Tag bekam ich die Zeitung überhaupt nicht, an das Datum kann ich mich auch 17 Jahre später gut erinnern: Es war der 12. September 2001.

Als ich ein paar Jahre später die Schule wechselte, änderte sich etwas: Von nun an las ich Zeitung in der gedruckten Form morgens nur noch am Wochenende und unter der Woche mittags — ich nahm mir oft mehr Zeit für die Lektüre. Und auf einmal war auch der Lokalteil interessant — der Sportteil hingegen war es immer noch nicht und wird es auch nie werden. Später kam dann das Internet. Und Werbeblocker.

Während der Ausbildung zog ich nach Heidelberg und las ich die Rhein-Neckar-Zeitung als RSS-Feed und im Internet. Irgendwann führte die RNZ dann eine Paywall ein: Nach zehn gelesenen Artikeln im Monat sollte ich zahlen. Diese Paywall ließ sich sehr einfach umgehen und so las ich weiter. Irgendwann zwischendrin beteiligte ich mich dann noch am Crowdfunding der Krautreporter, aber im Endeffekt war ich zu ungeduldig für die langen, wenn auch tollen Texte. Und dann ist da noch der Stapel brand einsen, der über die letzten Jahre langsam, aber sicher angewachsen ist.

Auch in Berlin las ich weiter interessiert die Heidelberger Zeitung. Weil ich jetzt aber zum ersten Mal in meinem Leben viel Geld verdiente, hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich umsonst Texte las, die von Menschen geschrieben wurden. Und so schloss ich ein RNZonline-Abo ab. Die Zugangsdaten kamen per Post.

Nach ungefähr einem Jahr waren die Heidelberger Neuigkeiten dann nicht mehr wirklich interessant und ich kündigte wieder. Dann passierte lange Zeit nichts, ich klickte nur ein paar hundert, wenn nicht gar tausend Mal auf „Gerade nicht“, „Schon dabei“ und „Jetzt nicht, ich will weiterlesen“ oder las einen Artikel dann eben gar nicht, wenn ich dafür meinen Werbeblocker hätte deaktivieren müssen.

Dabei ist Journalismus wichtig, in der heutigen Zeit vielleicht so wichtig wie nie zuvor: Er sollte mir etwas — in Form von Geld — wert sein. Nur: Wieviel? Netflix, Apple Music und Werbeblocker haben mich da wohl ein bisschen kaputt gemacht — schuld sind immer die anderen. Was bin ich bereit, für Journalismus auszugeben? Was sind er und die Menschen, die die Texte schreiben und die Bilder aussuchen mir wert? Was sind sie Dir wert?

Mit diesen Hintergrundgedanken zog ich vor ein paar Tagen fest entschlossen aus, Abonnent einer Zeitung zu werden. Preisgünstig sollte es sein, so als Wiedereinstiegsdroge, von der ich mich notfalls auch schnell wieder trennen können will. Rund fünf Euro pro Ausgabe der ZEIT? Das wären 2001 umgerechnet 9,78 Mark gewesen, im Monat 39,12 Mark — danke, aber vielleicht später. 11,90 Euro pro Monat für ein digitales Abo der RNZ wie damals, um mein Gewissen zu beruhigen? Netter Versuch. Oder doch eher ein Abo der Berliner Zeitung, monatlich kündbar für 22,90 Euro? Tagesspiegel für 31,99 Euro? Das sind ja fast elf Döner — in Mark will ich das gar nicht erst umrechnen. Was wäre mit Kiez-Journalismus à la Prenzlauer Berg Nachrichten?

Jetzt mal ehrlich: Weder die 39 Mark und 12 Pfennig, noch 11,90 Euro und auch nicht fast elf Döner würden mich arm machen, aber gefühlt eben schon. Neben Twitter scheinen falsche Gefühle eine weitere Gemeinsamkeit von Reichelt und mir zu sein — so langsam wird das echt gruselig.

Was will ich eigentlich? Ich will mich nicht entscheiden müssen und notfalls monatlich kündigen können — danke Netflix. Eine gedruckte Zeitung als PDF? Das ist eher so 2001. Gebt mir eine App, am liebsten hätte ich aber dann doch einen werbefreien RSS-Feed. Und ich will mich nicht jedes Mal irgendwo anmelden müssen. Gleichzeitig will ich keine Werbung und auch nicht getrackt werden. Und natürlich das volle Programm: Tagesaktuelle Nachrichten, Hintergrundartikel, grandiosen Journalismus, schlechte Wortwitze, investigative Reportagen — gebt mir ALLES.

Beeinflusst durch die arte-Dokumentation liebäugelte ich dann mit einem digitalen Abo der New York Times. Zwei Euro die Woche? Schon eher das, was mir für den Anfang vorschwebte. Mehr Geld kann ich ja später immer noch ausgeben. Trotzdem zögerte ich noch, weil es für diesen Preis doch bestimmt auch ein digitales Abo einer deutschen Zeitung geben muss. Ich ging auf Toilette und Instagram. Und da erwartete mich ein Angebot der Times: „Now just €2 €1 a week.“. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Ein Mitarbeiter der Timer bezeichnete Facebook und Google als die eigentlichen Konkurrenten aller Printmedien: Unternehmen würden ihre Werbebudgets jetzt nicht mehr in Print stecken, sondern eben in Facebook, Google und Instagram.

Wenige Minuten später war das Abo dann trotzdem abgeschlossen, die deutschen Zeitungen vergessen, mein Gewissen zumindest für einige Tage beruhigt. Bis jetzt.

In einem anderen Leben wäre ich selbst gerne einmal Journalist geworden. Die einzige Zeitung, an der ich bisher mitgerarbeitet habe, war allerdings die Abi-Zeitung — wahrscheinlich habe ich von Zeitung und Presse ungefähr soviel Ahnung wie von kleinen Kindern. Für die Schulzeitung war ich immer zu faul/feige. Stattdessen hat es nun gerade einmal zu unregelmässigen Blogposts gereicht. Und einem Job, bei dem ich für Journalismus eigentlich genug Geld ausgeben könnte.

Ein Jahr Codestammtisch

Wer mir auf Twitter folgt, dürfte es schon lange mitbekommen haben: Seit einem Jahr nehmen ein sehr guter Freund und ich gemeinsam einen Podcast auf — seit Ende August mit erschreckender Regelmäßigkeit. Alle zwei Wochen erscheint eine Folge des Codestammtisch und es ist mir wichtig, das einfach mal in meinem Blog zu erwähnen.

Beim Codestammtisch reden Max und ich ein Getränk lang über alle möglichen Themen mit einem Bezug zur Softwareentwicklung: Es gibt eine Folge zum Thema Versionskontrolle, es gibt eine Folge, in der wir uns über unsere Erfahrungen mit Recruiter*innen unterhalten, wir hatten bisher drei Gäste und sogar zwei Folgen zum Thema Scrum.

Und seit heute gibt es auch eine Folge zum Codestammtisch selbst, quasi eine Meta-Folge. Zum Einjährigen haben wir das vergangene Jahr Revue passieren lassen und ein bisschen unsere Pläne für das nächste Jahr skizziert. Happy Birthday 🎁🎉🎊

Und wie bei jedem ordentlichen Geburtstag eines Kleinkindes gibt es Dinge, mit denen das Kleinkind manchmal nichts anzufangen weiß — Wein zum Beispiel. Eventuell merkt man, dass ich selbst keine Kinder und somit viel Erfahrung damit habe. Im letzten Blogpost suchte ich einen Voucher oder ein Ticket für den 35C3 und fand schliesslich eins. Dieses Ticket wird jetzt beim Codestammtisch verlost. Was du tun musst, kannst du in der Podcastfolge hören.

Wie angekündigt möchten wir das Ticket an jemanden geben, die es sich nicht leisten kann, zum Congress zu fahren. Für Unterkunft und Fahrtkosten machen wir notfalls einen Topf auf, das wird schon. Ich wünsche mir, dass das Ticket nicht an einen weißen Cis-Mann geht, weil es für weiße Cis-Typen leichter als für alle anderen ist, an einer solchen Veranstaltung teilzunehmen. Außerdem rennen auf dem Congress schon genug davon rum — guckt mich an, ich bin ein Teil davon.

Auf ins zweite Jahr, wir haben viel vor!

Voucher für den 35C3 gesucht

Anfang Oktober hatte ich kein Geld und dann startete auf einmal aus heiterem Himmel der Vorverkauf für den 35C3, den diesjährigen Congress.

Jemand schenkte mir das Geld für das Ticket und das hat mich ein bisschen sprachlos gemacht. Unendlich dankbar bin ich immer noch. Ich habe mir selbst gesagt, dass ich das an jemand anderes weitergeben möchte. Und jetzt habe ich wieder Geld und möchte das einlösen: Ich möchte einem Menschen, der es sich sonst nicht leisten könnte, das Ticket für den Congress zahlen.

Es gibt eine Bedingung: Auf dem Congress turnen genug weiße, heterosexuelle Männer rum, noch mehr braucht es nicht. Ich möchte jemanden aus einer unterrepräsentierten Gruppe unterstützen und das Ticket zahlen.

Dafür brauche ich erstmal einen Voucher. Die normalen Voucher sind vergriffen — danke für diverse Hinweise auf Mastodon und Twitter — aber es gibt, soweit ich weiß, noch Engel-Voucher. Und so einen hätte ich gerne.

Wenn du noch einen Engel-Voucher hast, den du nicht mehr brauchst, oder jemanden kennst, der einen Engel-Voucher hat — und den nicht mehr benötigt — dann lass uns doch zusammenarbeiten: Du hast den Voucher, das dazugehörige Ticket geht auf mich.

Update: Ich habe wen gefunden, der ein Ticket loswerden wollte. Danke Constantin.

Mit dem Ticket alleine ist es aber gegebenenfalls nicht getan. Aber das sind Herausforderungen, um die wir uns später kümmern können. Jetzt lasst uns erstmal einen Voucher suchen. Ich freue mich über DMs, Mastodon-DMs oder Emails, wenn ihr mir da weiterhelfen könnt.

Barcamp Rhein-Neckar 2018 in Heidelberg

Am 22. und 23. September 2018 fand das dritte Barcamp Rhein-Neckar zum dritten Mal im Dezernat 16 in Heidelberg statt. Nachdem wir es 2015 gegründet und 2016 wiederholt haben, war ich natürlich auch dieses Jahr wieder dabei. Das Team um Adrian und Valentin hat Großartiges geleistet.

Das BCRN — eigentlich, so habe ich gelernt, müsste es es „HeidelCamp“ oder „RheinNeckarCamp“ heißen — ist eines der kleineren Barcamps in Deutschland, aber vielleicht gerade deswegen ein sehr feines. Dieses Jahr gab es eine Kooperation mit WikiDACH, dem deutschsprachigen Wiki-Barcamp. Weil beide Camps sonst wahrscheinlich nicht stattgefunden hätten, schlossen sich die Orga-Teams einfach kurzerhand zusammen und organisierten eins für alle.

Was mich wieder einmal beeindruckt hat, war das Themenspektrum der Sessions: Am Anfang hielt Cheatha gemeinsam mit mir eine sehr spontane Einführung in git und Github. Jemand hatte sich das gewünscht und wir nutzten eben den ersten Sessionslot für die Vorbereitung. Danach erzählte Cindy von ihrer Depression und Antidepressiva, einige Tage vorher hatte sie einen Blogpost zu genau diesem Thema geschrieben.

Anschliessend erzählte uns Mikka — von Beruf Neuropsychologe — in einem unterhaltsamen Vortrag, was Katzen mit einer Zombieapokalypse zu tun haben und was man unter anderem braucht, um eine auszulösen — Stichwort: Toxoplasma gondii.

Sebastian gab uns dann einen Einblick, wie es sich anfühlt, eine Legasthenie, auch bekannt als Lese- und Rechtschreibstörung zu haben. Ich habe versucht, diese Session als Sketchnotes festzuhalten, natürlich in Schreibschift. Ganz am Ende erwähnte Sebastian, dass Schreibschrift für Menschen mit Legasthenie die Hölle ist.

Weil ich das erst seit knapp einer Woche mache, freue ich mich über Feedback und Verbesserungsvorschläge.

Vor dem Abendbrot diskutierten wir noch, warum es legitim ist, Nazis zu boxen und was man sonst gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft tun kann, bevor wir nach einer leider etwas zu langen Pause Bier kaufen gingen und in einer sehr kleinen Runde PowerPoint-Karaoke spielten. Damit ging der erste Tag vorbei.

Der Qualitätssonntag begann mit einer gemeinsamen Session von Frieder und Uwe zum Thema New Work und Mensch+Arbeit. Uwe erzählte unter anderem, wie pro clima aufgebaut ist und Frieder sprach etwas genereller über neue Arbeit. Auch hier habe ich mich wieder versucht, die Session aufzuzeichnen und auch hier freue ich mich über Feedback:

Vor dem Mittagessen — es gab Kartoffel-Kürbis-Eintopf mit Kichererbsen — nahm uns 🐈-🧟‍♀️-Mikka mit zur Entstehung der ersten BarCamps. Die „Bay Area Rejects“, die von Tim O'Reillys Friends of O'Reilly's-Camp geworfen wurden, machten kurzerhand ihr eigenes Ding im Büro von Socialtext. Zwischendrin erschwerte das Release von Wordpress 1.5 die Organisation, am Ende hat aber alles geklappt. Und das mit einer Vorlaufzeit von knapp einer Woche — sie hatten laut Mikka sogar Bierflaschen mit einem eigenen Ettikett. Mikka hatte auch einige Funfacts parat, beispielsweise zum Namensschema von *-Camps: Während „Bar“ eben für „Bay Area Rejects“ steht, sollte jedes andere Camp dieses Präfix durch etwas eigenes ersetzen: Das Saarcamp macht es bezüglich der Benennung besser als das Barcamp Rhein-Neckar, weil das Barcamp Rhein-Neckar eben nicht von „Bay Area Rejects“ ins Leben gerufen wurde. Hätten wir das 2014 mal gewusst.

Vielleicht sollte ich Wordpress auch mal wieder eine Chance geben.

In der vorletzte Session erzählte uns @flowfx etwas zum Leben in Mexiko City, wo er zusammen mit seiner Frau ungefähr vier Jahre lebte. Und ganz zum Schluss präsentierte uns Sebastian mehr oder weniger gute Designs und warum ein Stuhl immer so aussehen wird wie ein Stuhl: Form follows function.

Danke

Danke für ein spannendes, intensives BarRheinNeckarCamp Rhein-Neckar. Danke an das Orga-Team, danke an die Menschen, die sich an Sessions beteiligt haben, danke an die Sponsoren, die das #bcrn18 zu einer besseren Veranstaltung gemacht haben, als es ohne sie gewesen wäre. Was das BarCamp über das FooCamp schrieb, gilt natürlich auch für BarCamps:

The important thing is that when good people get together, great things happen.

Ich freue mich auf das Barcamp Rhein-Neckar 2019. Vielleicht schaffe ich es ja auch mal wieder, mich in der Orga einzubringen.

Reden mit Rechtspopulist*innen

Auf dem diesjährigen, sehr schönen Barcamp Stuttgart ging es unter anderem um das Thema Rechtspopulist*innen, -extreme, woher dieser Rechtsruck auf einmal kommt und wie mit ihm umgegangen werden soll. Dabei war es einigen Menschen sehr wichtig, zwischen Rechtspopulist*innen und Rechtsextremen zu unterscheiden. Sie waren der Meinung, dass man mit Rechtspopulist*innen noch diskutieren könne und auch müsste. Obwohl das sehr nobel ist, halte ich es für Blödsinn, mit Menschen zu diskutieren, die weder an einer Diskussion interessiert sind, noch daran, eine gemeinsame Lösung zu finden. Und wahrscheinlich haben das auch schon klügere Menschen als ich gesagt und geschrieben.

Rechtspopulist*innen verschieben den öffentlichen Diskurs und damit die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts. Das darf nicht sein. Aus diesem Grund müssen wir Rechtspopulismus und Rechtspopulist*innen mindestens so hart angehen wie Rechtsextremismus und Rechtsextreme.

Hört auf, mit Rechtspopulist*innen zu reden. Hört auf, mit ihnen zu diskutieren. Ihr gebt ihnen und ihren Ansichten dadurch eine Bühne und einen legitimen Anschein. Ihr Anliegen ist nicht legitim und die Bühne nutzen sie eben, um besagte Grenze des Sagbaren zu verschieben. Bernd „Björn“ Höcke, Alice „Trampeltier“ Weidel und Co. wissen sehr genau, wo diese Grenze verläuft. Sie massiv zu überschreiten blieb bisher und viel zu lange ohne Konsequenzen. Wann habt ihr das letzte Mal mit Alexander Gauland darüber diskutiert, dass die deutschen Soldaten im zweiten Weltkrieg nicht unbedingt Leistungen erbracht haben, auf die man stolz sein kann? Wann habt ihr das letzte Mal Höcke davon überzeugt, dass die letzten 1000 Jahre Deutschland nochmal eher so eine mittelgeile Idee sind?

Wenn jemand behauptet, dass die Religionsfreiheit nicht für Menschen einer bestimmten Religion gelten soll, dann steht das im krassen Gegensatz zum Grundgesetz und warum genau sollen wir dann nochmal mit diesem Menschen diskutieren?

Um sie zu überzeugen? Es ist ihm egal. Damit Dritte mitbekommen, was für eine menschenverachtende Scheiße Höcke, Weidel und Co. von sich geben? Das ist bekannt und Dritten meistens egal. Weil sie sich sonst in ihre Opferrolle begeben? Das schafft die AfD auch ohne Diskussion sehr gut. Nicht mit ihnen zu reden ist mit das Netteste, was wir als Gesellschaft mit ihnen tun können.

Wie auf Demos gegen Rechts muss auch bei Diskussionen gelten: #keinfussbreit.

Von Schiefertafel und Meißel

Vor einigen Jahren hatte ich mal diesen Traum: Es gibt da so ein Gerät, quasi ein digitales Notizbuch. Ich könnte da einfach so meine Gedanken mit der Hand schreiben und hätte sie hinterher in digitaler Form.

Irgendwann erschien dann das iPad Pro mit dem Apple Pencil und ich war echt beeindruckt. Natürlich ging ich damals zum nächsten Apple-Store und probierte diese Kombination aus.

Ich kann mich noch relativ gut daran erinnern, dass mich die glatte Oberfläche abschreckte. Meine Erwartungshaltung war vielleicht ein bisschen hoch, aber ich hatte gehofft, dass sich Pencil und iPad wie Zettel und Stift anfühlen

Nur: Es war zu glatt. Der Stift glitt auf dem Tablet — mir fehlte das Kratzen eines Stiftes auf Papier. Ausserdem sah meine Handschrift auf dem iPad so fürchterlich aus. Die sah doch noch nie so grauenhaft aus! Das muss mit diesem Stift zusammenhängen! Die Ursache ist bestimmt, dass ich mit dem Stift auf diesem glatten Display so rutsche. Und ich muss so klein schreiben, das macht es auch nicht besser. Resigniert verließ ich den Laden und das Thema war erstmal Geschichte. Vor ein paar Monaten sah ich, dass ein damaliger Arbeitskollege iPad+Pencil nutzte, um sich Notizen zu machen und das Thema war dann auf einmal doch wieder aktuell.

Vor einigen Tagen kaufte ich mir dann ebenfalls von jedem eins und ich war schon von der Einrichtung total beeindruckt und begeistert. Ich kann einfach mein iPhone neben das Tablet legen und es wurde eingerichtet. So fühlt sich wahrscheinlich Magie an. Und dann der Stift! Meine ersten Triche machte ich noch in der Notizen-App und wenn ich nur groß genug schreibe, dann kann ich mich auch mit dem Ergebnis anfreunden. In der Schule sah das auch nie besser aus, aber ich habe mir auch nie wirklich viel — also eigentlich gar keine — Mühe gegeben. Ich war auf jeden Fall angefixt.

Wenig später lud ich mir dann Good Notes herunter, weil ich von dieser App schon einige positive Sachen gehört habe. Hört das mit dieser Begeisterung eigentlich irgendwann wieder auf? Das Schöne an Good Notes ist, dass es da so ein kleines Fenster gibt, in dem ich relativ groß und somit relativ lesbar schreiben kann, während der Text dann automatisch verkleinert wird. Da hat sich jemand Gedanken gemacht. In wieweit das aber Auswirkungen auf meine Schriftgröße auf Papier hat, kann ich noch nicht sagen. Das wird hoffentlich die Zeit zeigen, wahrscheinlich schreibe ich ab sofort nur noch so groß wie auf dem iPad und wundere mich dann, warum das analoge Notizbuch meine Notizen nicht verkleinert.

Ein wenig fühlt sich das wie Schreiben lernen an. Dadurch, dass der Pencil auf dem Display klackert, habe ich manchmal den Eindruck, ich würde diese Buchstaben in eine Steintafel hämmern. Gleichzeitig fällt mir auf, dass ich sehr viel Schreibschrift schreibe, so wie ich es in der Grundschule gelernt habe. Es fühlt sich so an, als würde ich eine lange Linie malen. Interessant, dass so eine hochmoderne Schiefertafel Erinnerungen an meine Schulzeit, die doch schon etwas zurückliegt, und an die Steinzeit, die noch etwas länger zurückliegt, weckt. Mir fällt auf jedem Fall auf, dass ich umso mehr schmiere, je schneller ich schreibe. Aber keine Sorge, das passiert auch, wenn ich mit einem echten Stift mit echter Tinte auf echtem Papier schreibe.

Das iPad hat jedoch nicht nur den Stift, um Eingaben entgegenzunehmen, sondern wie die meisten iOS-Geräte auch eine Bildschirmtastatur. Bisher stand ich mit der immer ein bisschen auf Kriegsfuss, weil ich von einer Tastatur haptisches Feedback und eine sauberere Trennung der Tasten gewohnt bin — ich bin ein großer Fan mechanischer Tastaturen. Selbst auf der kleineren Version der Tastatur auf meinem iPhone vertippe ich mich wesentlich häufiger, als mir lieb ist. Das dürfte auf dem iPad nicht anders sein. Ich möchte mit dem iPad aber auch nicht mein geliebtes MacBook mit seiner Tastatur ersetzen, mein Plan ist viel mehr, ihm mit seinen ganz eigenen Stärken eine Chance zugeben, seinen Platz zu finden, sei es als digitales Notizbuch oder als Malblock. Ich bin zwar kacke im Malen, aber es ist ja noch kein Marco vom Himmel gefallen. An Marco und seine liebevollen Illustrationen musste ich übrigens auch denken, als ich mir das iPad gekauft habe. Es ist allerdings nicht mein erstes iPad.

Als vor einigen Jahren das iPad 2 erschien, kaufte ich Fuchs mir das iPad 1. Damals war ich noch in der Ausbildung und wollte es schon einmal einfach probieren. Wir wurden aber nicht richtig warm miteinander, es verwandelte sich in eine sehr teure Fernsehzeitschrift und irgendwann gingen wir getrennte Wege. Dieses Mal dürfte aber alles anders werden — wieder einmal: Ich habe keinen Fernsehanschluss mehr.

Wie ich dennoch verhindere, dass Pencil+iPad ihre Faszination verlieren und doch einfach nur ungenutzt in der Gegend rumliegen werden, das kann ich noch nicht sagen. Wahrscheinlich ist da auch noch ein bisschen regelmässige Liebe in Form von Benutzung meinerseits dabei. Da ist es ja fast eine Fügung des Schicksals, dass mir die beginnende Barcamp-Saison da gewissermaßen unter die Arme greifen kann: Endlich kann ich auch mal eine Session zum Thema Sketchnotes besuchen. Also vorausgesetzt, dass die noch jemand anbietet.

Alles in allem freue ich mich darauf zu sehen, wie diese moderne Schiefertafel nebst Meißel ihren Platz suchen wird. Ob die beiden den Traum erfüllen können, ein analoges Notizbuch zu ersetzen, wird hoffentlich die Zeit zeigen.

Zumindest hat es für einen mehrseitigen Blogpost gereicht.

Kundenbetreuer

Ich wollte mehr bloggen und nicht immer so große und aufwendige Sachen schreiben. Als ob das, was ich bisher gebloggt habe, groß und aufwendig wäre.

Bei Marco rufen regelmässig Call Center an. Wenn sie ihn zu sehr nerven, blacklistet er ihre Telefonnummern. Daran musste ich heute denken:

Vor geraumer Zeit habe ich meinen Mobilfunkvertrag gekündigt, weil die zwei Jahre Mindestvertragslaufzeit bald rum sind, ich die Kündigungsfrist nicht verpennen und so in ein weiteres Jahr Mobilfunkvertrag schlittern wollte. Damals sagte ich dem Menschen an der Hotline, dass ich mich melden würde, falls ich doch noch an einer Vertragsverlängerung interessiert sei. Das, was ich damals gesagt habe, war: Lasst mich bitte mit euren Werbeanrufen in Frieden, ich melde mich dann schon, wenn ich Interesse daran habe.

Heute rief dann jemand von meinem Mobilfunkanbieter an. Ob ich meine Nummer nicht behalten wollen würde. Ich brauche immer eine gewisse Zeit, bis ich meine jeweils aktuelle Handynummer auswendig kann, von daher wäre es tatsächlich keine schlechte Idee, die Nummer mitzunehmen. Nichtsdestotrotz roch es förmlich danach, dass das einer dieser Werbeanrufe war. Darauf sprach ich Herrn R. von meinem Mobilfunkanbieter — so hatte er sich jedenfalls vorgestellt — dann auch direkt an. Er gab es dann auch unumwunden zu und meinte, dass diese Rufnummermitnahme tatsächlich nur eine höfliche Einleitung gewesen wäre. Es war also schon ein holpriger Start in das Gespräch.

Dann wollte Herr R. mir Angebote machen, die ich nicht hören wollte, deshalb schlug ich ihm vor, ob es nicht besser wäre, was mein Mobilfunkanbieter mir bieten müsste, um zu bleiben:

Dann fingen wir an zu diskutieren: Mein Mobilfunkanbieter hätte keine ungedrosselte Flatrate im Angebot, sagte Herr R. Blödsinn, sagte ich, mittlerweile haben das alle großen Mobilfunkanbieter in Deutschland. Das sei ihm neu, sagte Herr R. Ich werde hier jetzt eh nichts am Telefon kaufen, sagte ich. Er könne mich auch morgen nochmal anrufen, sagte Herr R. von meinem Mobilfunkanbieter.

Zwischendrin legte er jedes meiner Worte auf die Goldwaage. Was ich denn mit ungedrosselt meinte. Geschwindigkeit? Volumen? Was ist an ungedrosselt so schwer zu verstehen? Das Gespräch schaukelte sich hoch, ich fühlte mich nicht ernst genommen und wollte auch am nächsten Tag nicht nochmal von ihm angerufen werden. Wir verabschiedeten kalt, aber höflich und legten auf.

Ich kam mir dann schlicht und ergreifend verscheissert vor: Zum einen bitte ich darum, dass ich nicht werbeangerufen werde und dann werde ich unter einem schlechten Vorwand doch werbeangerufen. Dann kommt dazu, dass das Gespräch alles andere als angenehm war — da muss ich mich zur Hälfte aber auch an die eigene Nase fassen. Klar kann Herr R. nicht unbedingt was dafür, dass seine Kolleg*innen das damals nicht ins System eingetragen haben, er konnte es laut eigener Aussage aber auch nicht. Und wahrscheinlich muss er irgendeine Quote erfüllen und hat in dem Gespräch mit mir wertvolle Zeit verloren.

Morgen kann Herr R. mich nicht mehr anrufen. Seine Nummer steht als einzige bisher auf meiner Blacklist.

Angela Merkel ist Hitlers Tochter

Im September 2001 zogen wir nach Franken. Am 11. September 2001 passierte 9/11. Zufall? Ein paar Jahre später besuchten wir mit Tante, Cousins, Cousinen und Freund*innen das Bardentreffen in Nürnberg. Die Fahrt mit dem Zug dauerte eine halbe Stunde, wir diskutieren über alles Mögliche. Smartphones gab es damals noch nicht, MP3-Player waren unbezahlbar und das Internet war damals noch wirklich Neuland und in weiter Ferne.

Die Nachbar*innen meiner Tante waren zu der Zeit Zeugen Jehovas, beim universellen Leben oder einer vergleichbaren Vereinigung und somit ein interessantes Thema zum Lästern. Irgendwer fragte irgendwann, was die denn so wollen. Das ist doch ganz klar, sagte ich, die wollen die Weltherrschaft. Danach tat ich wichtig, unnahbar und schaute aus dem Fenster. Was man halt so macht als Kind, das sich — und anderen — etwas erklärt hat und keine Rückfragen zulassen will.

Am Donnerstag fuhr ich wieder mit der Bahn, dieses Mal eine etwas längere Strecke. Am Bahnhof kaufte ich mir für die Fahrt „Angela Merkel ist Hitlers Tochter“ von Christian Alt und Christian Schiffer.

Christian und Christian — ich verwechsle die beiden immer — haben ein Buch über Verschwörungsmythen, -theorien und -praktiker*innen geschrieben. Sie erklären, wie und warum sie funktionieren, nehmen einige Mythen auseinander und besuchen den Vater einer Freundin, der gerade seinen Zeh in den Kaninchenbau gesteckt hat. Sie entwerfen eine eigene Verschwörungstheorie, kaufen sich eine Facebookgruppe und bringen die beiden zusammen — Spoiler: Don't try this at home. Sie reden mit Richard Gutjahr über die Shirtstorms, die seine Familie und er abbekamen, und sie geben sich zwei Drittel eines Vortrags von David Icke, bevor sie das letzte, wirklich grandiose Kapitel („Lasst uns eine Wissenspyramide bauen“) schreiben.

Das Buch ist größtenteils komisch und lustig, manchmal ernst. Zwischendrin ging mir der pubertäre, rotzige, „Bullshit!“-lastige Schreibstil auf die Nerven. Sie selbst sagen, dass sie das Buch für die schweigende Mehrheit geschrieben haben. „Eine Mehrheit, die keine Lust mehr hat, über unbewiesene Fakten zu streiten“ (S.13). Dabei machen sie sich immer wieder über Verschwörungstheorien und ihre Praktiker*innen lustig, sie übertreiben und verdrehen dabei die Augen.

Mehr als einmal hatte ich den Eindruck, dass sich die beiden mit dem Buch einen Spaß erlauben: Bisweilen untermauern sie ihre Erkenntnisse mit Beispielen, dass mir Dr. (!) Axel Stoll himself auf der Schulter saß und mir sein berühmt-berüchtigtes „Muss man wissen!“ ins Ohr flüsterte. Gefühlt hoppelt man mit Christian und Christian immer tiefer in den Kaninchenbau hinein. Nichtsdestotrotz finden sich immer wieder auch scheinbar banale, aber wichtige Erkenntnisse:

Alles in allem ist es ein durchaus unterhaltsames Buch. Als vermeintlich aufgeklärter Mensch kann man bei der Lektüre recht häufig schmunzeln und sich besser fühlen. Weil man selbst ist ja gar nicht so doof, an Verschwörungstheorien zu glauben. Und man wird gelegentlich daran erinnert, an was für einen Bullshit man als Kind — oder die alten Griechen mit ihren Göttern — bisweilen geglaubt hat, weil man es nicht besser wusste, aber auch irgendwie zu bequem war, sich damit auseinander zu setzen und seine Ansichten zu überdenken. Grüße an die Nachbar*innen meiner Tante, ihr wart echt ziemlich nett.

Das Buch ist 2018 im Hanser-Verlag erschienen und kostet 18 Euro. Das Register beginnt auf Seite 279, die Quersumme davon ist 18. Ich glaube, ich bin da was ganz großem auf der Spur. Und jetzt kommt's: Das Buch beginnt auf Seite 9. Und was ist die Quersumme von 18? Denkt mal drüber nach.